6 Bereiche, die unsere Gesundheit beeinflussen

Mit dem Satz „Das liegt an deinen Genen“, tauschen wir unsere Verantwortung für unsere Gesundheit bisweilen gegen ein paar Tabletten. Sie bekämpfen die Symptome von Krankheiten, deren Ursache wir häufig nicht kennen oder ignorieren. Schließlich können wir ja unserer Meinung nach nichts dafür. Doch sind wir den Genen wirklich heillos ausgeliefert?

Nach der Entschlüsselung des vollständigen menschlichen Genoms durch das Humangenomprojekt 2002 stellte sich heraus, dass der Mensch eine ähnliche Anzahl an Genen besitzt wie ein einfacher Fadenwurm. Somit können wir alleine über die Anzahl der Gene nicht die Komplexität des menschlichen Körpers erklären. Die Epigenetik jedoch liefert Antworten, die die Genetik nicht liefern kann. Sie wird maßgeblich durch die Umwelteinflüsse und den Lebensstil eines Individuums geprägt.

 

Hardware und Software der Genetik

Folgendes Beispiel versinnbildlicht den Unterschied von Genetik und Epigenetik: Die Genetik hält den Bauplan für unsere Zellen und somit unseres Körpers bereit. Sie kann im übertragenen Sinne verglichen werden mit der Hardware eines Computers. Die Epigenetik hingegen entscheidet, wie die Gene abgelesen werden und ist in unserem Beispiel die Software des Computers. Sie hat also die Macht darüber zu entscheiden, welche Gene aktiviert oder welche Gene stummgeschalten werden. Die Epigenetik reagiert sensibel auf Umwelteinflüsse und passt sich ihnen an. Wir können über unsere Umweltgestaltung die Epigenetik und somit unsere Genaktivität beeinflussen.

 

Die 6 Bereiche der Epigenetik

Diese Umwelt, welche unsere Epigenetik beeinflusst, wird vorrangig von sechs Bereichen definiert:

  • Unsere Gedanken und Gefühle (Psycho-Epigenetik),
  • unsere Ernährung (Nutri-Epigenetik),
  • unsere sportliche Betätigung (Physio-Epigenetik),
  • das soziale Umfeld (Sozio-Epigenetik),
  • unsere Schlafqualität
  • und sogar unsere epigenetische Vererbung (Transgenerationale Epigenetik).

 

Psycho-Epigenetik

Aus der Psychosomatik wissen wir bereits, dass die Psyche einen großen Einfluss auf den Körper hat. Doch die Psycho-Epigenetik geht noch einen Schritt weiter, denn durch psychisch traumatische Erlebnisse oder eigene Gedankenmuster kann die eigene Genaktivität nachhaltig verändert werden. Das Schöne ist, wir können diesen Effekt positiv für uns nutzen, indem wir unsere destruktiven Gedanken reflektieren und verändern.

 

Nutri – Epigenetik

Dass die Ernährung Auswirkungen auf unseren Körper hat, ist nichts Neues, aber dass dadurch sogar komplexe epigenetische Prozesse abgeändert werden können, die zu einer unterschiedlichen körperlichen Entwicklung führen, ist vielen nicht bewusst. Wie viel Einfluss die Nutri-Epigenetik in der Natur entfalten kann, zeigten Untersuchungen an Bienen, bei denen die Nahrung in Form von einfachen Pollen und Honig oder dem Gelee Royale entscheidet, ob sie sich zu Arbeitern oder Königinnen entwickeln.

 

Physio-Epigenetik

Dieser Bereich zeigt, dass sportliche Tätigkeiten Einfluss auf die epigenetischen Prozesse nehmen und sich während sportlicher Aktivität sehr rasch die epigenetischen Schalter in Muskel- oder Fettzellen verändern. Bereits nach 20 Minuten Training ist eine Veränderung feststellbar. Nicht auszumalen, wie großartig es wirkt, wenn wir uns regelmäßig bewegen.
 

Sozio-Epigenetik

Haben Sie schon einmal davon gehört, dass Sie sich den Menschen angleichen, mit denen Sie sich am meisten umgeben? Dies ergibt Sinn, wenn man sich mit der Sozio-Epigenetik beschäftigt. Das soziale Umfeld beeinflusst maßgeblich unsere Genaktivität. Führen wir vertrauensvolle Beziehungen, aktiviert das unsere Selbstheilungskräfte.

 

Schlaf

Schlaf fördert unsere Selbstheilungskräfte, entgiftet das Gehirn, reduziert Entzündungen im Körper und hat eine therapeutische Funktion für unsere Psyche. Schlafmangel hingegen führt laut einer Studie* zu einer Fehlregulation von über 700 Genen. Wir sollten die Qualität und Quantität (7-8 Std. pro Nacht) unseres Schlafs hoch priorisieren.
 

Transgenerationale Epigenetik

In einigen Studien wurde bereits nachgewiesen, dass die epigenetischen Informationen bei der Übertragung auf die nächste Generation nicht vollkommen ausgelöscht und die epigenetischen Modifizierungen ebenso an die Nachkommen weitergegeben werden können. Bei der Vererbung dieser Strukturen, sprechen wir von der transgenerationalen Epigenetik.

Daraus folgt: Sie schöpfen Ihr eigenes Leben. Sie haben nicht nur Einfluss auf Ihre eigene mentale und körperliche Gesundheit, sondern beeinflussen sogar die Gesundheit Ihrer weiteren Generationen.

 

Ein Beitrag von Dr. Manuel Burzler und Timo Janisch

*Studie von Dr. Derk-Jan Dijk an der britischen Universität von Surrey