Pflegefall in der Familie? Holen Sie sich Unterstützung.

Ein Pflegefall in der Familie bedeutet zusätzliche Arbeit, Organisationsaufwand und kann emotional sehr belastend sein. Zudem stellt sich die Frage der Finanzierung für nötige Hilfsmittel. Mit diesem Artikel möchten wir Ihnen zeigen, welche Unterstützung Sie sich holen können und welche Anlaufstellen ein offenes Ohr für Ihre Fragen haben. Gut zu wissen ist auch, dass pflegende Angehörige eines BKK-Versicherten bis zu acht Wochen Urlaub pro Jahr von der Pflegeversicherung in Anspruch nehmen können.

Ihre Unterstütz­ungs­möglich­keiten im Über­blick:

Unter­stützung bei der Pflege­tätig­keit
  • Pflegedienst
  • Tages- und Nachtpflege
  • Ersatzpflege/Verhinderungspflege
  • Alltagsunterstützung
Zusätzliche finanzielle Unterstützung im Pflegefall
  • Hilfsmittel
  • Transportkosten
  • Arbeitszeitreduzierung für die Pflege
Wissensaustausch und mentaler Beistand
  • Tauschen Sie sich über die Pflege aus
  • Erhalten Sie grundlegendes Wissen über Pflege
Urlaub von der Pflege
  • Reha und Kuren
  • Urlaub mit Pflegebedürftigen

Alle Anträge zu den vorgeschlagen Unterstützungen erhalten Sie bei der Pflegekasse Ihres Angehörigen.

 

Unterstützung bei der Pflegetätigkeit

Pflegedienst

Überlasten Sie sich nicht selbst. Ab Pflegegrad 2 Ihres Angehörigen erhalten Sie finanzielle Mittel für einen ambulanten Pflegedienst. Dieser könnte beispielsweise bei der Körperhygiene, Verbandswechsel oder beim Weg zum Arzt unterstützen. 

Tages- und Nachtpflege

Oft ist es durch eine Berufstätigkeit oder familiäre Gegebenheiten nicht möglich, den Angehörigen durchgängig zu betreuen. Entlastung kann dabei eine Tages- und Nachtpflege verschaffen. Viele Pflegeeinrichtungen bieten auch flexible Lösungen an, zum Beispiel nur halbtags oder über die Mittagszeit. Finanzielle Unterstützung gibt es ebenfalls ab Pflegegrad 2.

Ersatzpflege/Verhinderungspflege

Die Pflegekasse übernimmt ab Pflegegrad 2 für maximal sechs Wochen pro Jahr die Kosten für eine Ersatz- oder Verhinderungspflege. Sie brauchen Urlaub von der Pflege oder sind selbst erkrankt? Dann können Sie die Pflegetätigkeit an einen ambulanten Pflegedienst, erwerbsmäßige Pflegehilfskräfte oder an Verwandte und Nachbarn übertragen. Ihre Kasse unterstützt Sie finanziell. 

Alltagsunterstützung

Bereits ab Pflegegrad 1 erhalten Sie finanzielle Mittel für Alltagsunterstützung, wie eine Haushaltshilfe oder einen Mittagessen-Lieferdienst.  

 

Zusätzliche finanzielle Unterstützung im Pflegefall

Hilfsmittel

Wer zu Hause gepflegt wird, hat ab Pflegegrad 1 neben dem Anspruch auf medizinische Hilfsmittel einen Anspruch auf Pflegehilfsmittel wie z. B. ein Pflegebett, Zuschüsse zu einem Hausnotrufsystem und eine Pauschalförderung für Verbrauchshilfsmittel (z. B. Windeln, Inkontinenzartikel, Einweghandschuhe etc.).

Transportkosten

Mit Pflegegrad 3 und bei Vorlage einer ärztlichen Verordnung können Sie sich die Transportkosten zum Arzt, Therapeuten oder ins Krankenhaus anteilig erstatten lassen.

Arbeitszeitreduzierung für die Pflege 

Der Staat möchte Arbeitnehmer mit Pflegeverpflichtungen beim zeitlichen und organisatorischen Aufwand unterstützen. Der Gesetzgeber gewährt Ihnen für die Pflege eine Auszeit von Ihrem regulären Arbeitsverhältnis in Form der kurzfristen Arbeitsverhinderung, der Pflegezeit und der Familienpflegezeit. Eine weitere Unterstützung ist die Freistellung von der Arbeit für Angehörige von Menschen in der letzten Lebensphase.

Plötzlicher Pflegebedarf - Kurzzeitige Arbeitsverhinderung

Sie haben Anspruch auf bis zu zehn Tage Urlaub, wenn ein naher Angehöriger zum Pflegefall wird. Die sogenannte kurzzeitige Arbeitsverhinderung soll Ihnen Zeit geben, die neue Situation zu organisieren und zu klären, wie die weitere Pflege aussehen wird. Beantragen Sie die freien Tage bei Ihrem Arbeitgeber; eventuell müssen Sie ein ärztliches Attest über die Pflegebedürftigkeit Ihres Angehörigen vorlegen. Sollten Sie für die freien Tage kein Gehalt von Ihrem Arbeitgeber erhalten, können Sie bei der Pflegekasse Ihres Angehörigen Pflegeunterstützungsgeld beantragen.

Begleitung der letzten Lebensphase

Eine dreimonatige Auszeit ist möglich, wenn ein naher Angehöriger sich in der letzten Phase seines Lebens befindet. Hierbei ist es unerheblich, ob der Angehörige Zuhause, im Krankenhaus, auf einer Palliativstation oder im Pflegeheim betreut wird. Entscheiden Sie, ob Sie sich vollständig oder teilweise freistellen lassen.

Urlaub für die Pflege – Pflegezeit*

Wenn Sie sich um einen pflegebedürftigen Angehörigen aus dem engeren Kreis der Familie kümmern möchten, können Sie sich bis zu sechs Monate unentgeltlich von Ihrer regulären Arbeit freistellen lassen. Entscheiden Sie, ob Sie sich komplett freistellen lassen möchten oder nur teilweise.

Arbeitszeitreduzierung für die Pflege – Familienpflegezeit**

Sie können bis zu 24 Monate lang Ihre Arbeitszeit reduzieren, um einen nahen Angehörigen zu pflegen. Voraussetzung ist, dass Sie im Jahresdurchschnitt 15 Stunden pro Woche arbeiten.

*Voraussetzung für die Pflegezeit ist, dass in Ihrem Betrieb mindestens 15 Mitarbeiter beschäftigt sind.
**Voraussetzung für die Familienpflegezeit ist, dass in Ihrem Betrieb mindestens 25 Mitarbeiter beschäftigt sind.

Zinsloses Darlehen: Für die Familienpflegezeit, die Pflegezeit und die Begleitung der letzten Lebensphase haben Sie einen Rechtsanspruch auf ein zinsloses Darlehen. Dieses können Sie beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) beantragen. Mehr Informationen finden Sie hier.

 

Wissensaustausch und mentaler Beistand

Tauschen Sie sich über die Pflege aus

Einige Einrichtungen bieten einen Austausch zwischen Angehörigen von pflegebedürftigen Personen an. Hier können Sie mit Personen, die Ähnliches durchleben ins Gespräch kommen. Einer Selbsthilfegruppe beizutreten, bedeutet nicht die Kontrolle verloren zu haben!

Ein paar Ideen zur Suche nach Selbsthilfegruppen und -vereinigungen:

Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen

Wir pflegen e. V.

Pflege-Selbsthilfeverband e. V.

Netzwerk pflegeBegleitung

Erhalten Sie grundlegendes Wissen über Pflege 

Die BKK-Pflegekassen bieten Ihnen als pflegenden Angehörigen kostenlose und individuelle Kurse und Schulungen rund um das Thema Pflege an, die auch vor Ort im häuslichen Umfeld stattfinden. Die Pflegeschulung vermittelt – passend auf Ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnitten – wichtige Pflegekenntnisse. Dazu gehören:

  • Fachwissen zur Grund- und Körperpflege
  • Mobilisierungsmethoden, Lagerungstechnik
  • Rückenschonendes Umlagern
  • Hauswirtschaftliche Versorgung
  • Ernährung
  • Anspruch auf und gezielter Einsatz von Hilfsmitteln
  • Finanzielle Fragen

Informieren Sie sich auch gerne über die praxisorientierten Ratgeber des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP). Zu den Ratgebern geht es hier.  

 

Urlaub von der Pflege

Reha und Kuren

Häusliche Pflege kann pflegende Angehörige stark beanspruchen und zu gesundheitlichen Problemen führen. Fühlen Sie sich erschöpft, schlafen Sie unruhig oder sind Sie antriebslos? Dann suchen Sie Ihren Hausarzt auf und besprechen Sie Ihre aktuelle Situation. Sie haben die Möglichkeit, zur Regeneration eine Kur oder medizinische Rehabilitation zu beantragen, wenn der Arzt ein medizinisches Erfordernis erkennt. Ihr pflegebedürftiger Angehöriger kann in dieser Zeit beispielsweise in der gleichen Einrichtung oder in der Kurzzeitpflege untergebracht werden. Informieren Sie sich über die Optionen bei Ihrer BKK.

Urlaub mit Pflegebedürftigen

Jetzt muss ich mal raus aus dem Alltag! Aber wie kann der pflegende Angehörige in dieser Zeit versorgt werden? Inzwischen gibt es einige Angebote für Erholungsurlaube mit dem pflegebedürftigen Familienmitglied zusammen. Beispielsweise bietet der Verein Urlaub und Pflege e. V. Reisen für Sie und Ihren Angehörigen, aber auch Reisen nur für Pflegebedürftige an. Im Internet finden Sie einige Anbieter, die auch Auslandsreisen organisieren. Ab Pflegegrad 2 können Leistungen der Verhinderungspflege für Ihren Urlaub mit dem pflegenden Angehörigen verwendet werden.